Interview: S. Fidelity zum neuen Album „Fidelity Radio Club“

S.Fidelity – Produzent, Beatmaker und Artist, hat am Freitag sein zweites Soloalbum „Fidelity Radio Club“ über Jakarta Records veröffentlicht. Das 15 Track starke Semi-Instrumental-Album kommt in Form einer genreübergreifenden Radioshow und besticht durch einen abgestimmten Mix aus Hip Hop, R&B, Jazz, House und Funk-Einflüssen. Als Feature-Gäste tauchen u.a. Melodiesinfonie, Bluestaeb, Àbáse, NDO und K, Le Maestro auf. Wir trafen S. Fidelity letzte Woche in seinem Neuköllner Studio zum Interview und sprachen mit ihm über das neue Album, seine musikalische Entwicklung und sein Schaffen in Berlin.

 

Wir sind hier ja gerade in deinem Berliner Studio, das du dir mit Bluestaeb teilst. Du kommst ursprünglich aus der Schweiz, aus St. Gallen, bist aber schon neun Jahre in Berlin. Jetzt habt ihr das Studio hier ausgebaut, das heißt du kannst dir vorstellen zu bleiben? Also wohnst und arbeitest du noch gerne in Berlin?

Ja, schon. Ich hatte eigentlich nicht vor so lange zu bleiben. Aber hier hat das alles einfach gut geklappt, die Stadt ist billig, dadurch kann man viel Musik machen. Und ich kann mir keinen anderen Ort vorstellen, an dem das gerade wirtschaftlich so gut funktionieren würde. Auch wenn Berlin natürlich teurer wird, aber es ist immer noch entspannter, als in anderen Großstädten. Es geht mir schon sehr darum, möglichst viel Zeit zum Musik machen freizuhalten und nicht nur Geld verdienen zu müssen. Und die Balance ist hier echt gut. Aber man wird auch faul dadurch. Ich habe schon das Gefühl, dass das ein Berlin-Syndrom ist. Man kann hier eben auch nur zwei Tage pro Woche arbeiten.

Mein Gefühl ist eigentlich eher, dass gerade Musiker*innen oft sieben Tage pro Woche arbeiten, weil sich Arbeit und Freizeit vermischen.   

Ok, stimmt. Das kann man auch so betrachten. Ich gehe auch immer, wenn ich Zeit habe ins Studio. Vielleicht geht es da eher um die Frage, wie viel man releasen muss, um das Musikmachen zu refinanzieren. Der Leistungsdruck ist schon etwas geringer hier, weil die Kosten niedriger sind. Man kann hier anders Musik machen. In London müssen Musiker ständig Corporate Gigs für irgendwelche Marken machen, um sich das Leben da zu finanzieren.  Das ist hier nicht so, aber kann einen eben auch etwas faul machen. Ich versuche letztlich einfach motiviert zu bleiben. Und sowas wie das Studio hier, ist ja auch ein Parallelprojekt zur Musik. Das soll eine Plattform sein, aber führt natürlich auch dazu, dass Geld zurückkommt und man weiter machen kann.

Gibt es eine Geschichte zum Studionamen? Manolo Purple Studio?

(lacht) Bluestaeb hat den Namen erfunden, den gibt es schon länger als das Studio. Er kam mit dem Namen an und wir dachten, der klingt nach etwas richtig Geilem.

Und dann musstet ihr das passende Studio dazu aufmachen?   

Genau, es gibt auch noch mehr Pläne mit dem Namen und zum Studio. Das ist noch nicht so spruchreif. Aber wir wollen den Namen auf jeden Fall weiter etablieren. Bei meinem ersten Album war es auch schon so, dass mein Studio eine wichtige Rolle gespielt hat. Und jetzt beim neuen Album ist das ehrlich gesagt auch so. Der älteste Song auf der neuen Platte, ist auch der älteste Song, den ich hier je gemacht habe.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ist das neue Album komplett hier im Studio aufgenommen?

Ich bin eigentlich ziemlich viel gereist für das Album, war einen Monat in den USA, in London und auch in Südafrika. Ich habe zwei Jahre einfach ziemlich intensiv Musik gemacht. Aber am Ende ist das alles hier im Studio zusammengebracht worden.

Ok, das heißt da steckt schon ein mehrjähriger Prozess dahinter und es gibt auch Tracks, die schon da waren, bevor das Albumkonzept stand?

Es gab auch vorher schon viel Material, aber ich würde trotzdem sagen, dass es eher ein Album aus dem letzten Jahr ist. 2020 habe ich dann alles zusammengebracht, wie viele kleine Puzzlestücke, und das Album wirklich fertig gemacht.

Hat denn die Pandemie deinen Arbeitsprozess beeinflusst?

Schon, denn ich wäre letzten März mit Bluestaeb nach Amerika geflogen zum SXSW und danach nach L.A. Ich wollte eigentlich dahin, ganz viel Musik machen und dann mit dem Ergebnis hierher zurückkommen und das Album machen. Stattdessen war ich dann in Berlin, hatte ein großes Loch im Kalender und war dadurch dann zwei Monate komplett hier im Studio und hatte eben auch die Zeit dafür. Ich bin schon jemand der dann auch den ganzen Tag im Studio verbringt, auch mal sieben Stunden hier sitzt und nur an einem Song bastelt. Manchmal muss man mit so einem Song auch abhängen, bis man versteht, was aus ihm werden soll. Ohne die Pandemie wäre der Prozess schon ein anderer gewesen. Ich hätte wahrscheinlich mehr mit anderen Leuten entwickelt, in Sessions, etc. Aber für das Album war das jetzt auch voll okay so.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Insgesamt waren am Album ja 17 Personen beteiligt, unter anderem hast du auch viel mit Instrumentalisten gearbeitet, richtig?

Genau, also voll das Producer-Album. Ich bin eben ein Frickel-Typ, ein Produzent und kein Instrumentalist. Das war ein wichtiger Step, dass ich mich getraut habe Leute dazu zu holen, die Sachen besser können. Und am Ende trotzdem nichts dem Zufall zu überlassen.

Voll das Produzenten-Album –  das stimmt natürlich, wenn man sich den Prozess anschaut. Gleichzeitig ist es ja so umfangreich instrumentiert und arrangiert, man hört einfach, dass du nicht alleine im Studio saßt und man hört eine krasse musikalische Entwicklung.

Ja, stimmt. Das ist ein großer Unterschied zu meinem letzten Album. Auf jeden Fall nicht mehr ein reines Beatmaker-Projekt. Das ist ja sowieso ein Thema, das mich beschäftigt, also diese Kategorie. Bei diesem Album ist jetzt schon klar, dass es eben nicht nur in Beat-Playlisten stattfinden muss. Das hat schon was damit zu tun, dass ich mich getraut habe, nicht alles selber zu machen. Ich empfinde das als eine andere Freiheit. Sonst hätte ich einfach Sample-Packs und Loops, etc benutzt.

Aber stört dich vor diesem Hintergrund der Beatmaker-Stempel auch ein bisschen?

Also ich finde das echt eine schwierige Frage. Irgendwie hat man den Stempel eben. Das letzte Projekt mit Underground Canopy war dafür auch ein interessanter Schritt. Eine Band mit der Bluestaeb und ich ein Album produziert haben. Das war für uns auf jeden Fall der Einstieg in die Produzenten-Rolle, in eine musikalischere Welt. Das ist eine Platte die auch ganz anders gehört wird.

Das Projekt gehört für mich auch klarer in eine andere musikalische Kategorie, die Platte kannst du auch in deine Jazz-Sammlung stellen.

Genau, oder an machen, wenn deine Eltern zum Abendessen kommen. Das geht voll klar. Das Projekt hat mir auf jeden Fall auch krass für das neue Album jetzt geholfen.

Aber auch nach der Underground Canopy Platte und nach „Fidelity Radio Club“ bleibst du in Kurzbeschreibungen oder im Promotext trotzdem der „Beatmaker & Hip Hop-Produzent“.

Genau. Ich hätte gerne, dass das mit der Zeit etwas breiter wird und ich glaube, dass ich mich mit dem neuen Album auch etwas mehr in die Artist-Richtung bewege. Denn das kann schon ein Handicap sein kann. Es gibt Formate, die man als Artist machen kann, aber als Produzent eben nicht. So wie man bei manchen Sachen nicht stattfindet, weil man zu sehr in der Hip Hop-Ecke ist.

Die Hip Hop-Zuschreibung wäre jetzt meine nächste Frage gewesen…

Ich finde ja eigentlich, dass ich gar keinen Hip Hop mache. Es gibt auf der neuen Platte ja auch keinen Rap-Song.

Entfernst du dich vom Rap denn bewusst? Ich habe gelesen, dass du vor ein paar Jahren mal gesagt hast, dass du lieber mehr mit Sänger*innen arbeiten würdest als mit Rapper*innen.

Naja, es passiert einfach so. Es gibt super viele Leute, die Rap-Beats machen, das ist aus meiner Sicht ein ziemlich übersättigter Markt. Und auch eine andere Arbeitsweise. Man bekommt einen Beat und rappt drüber. Bei Sänger*innen ist es schon eher so, dass man den Song zusammen macht. Das entspricht auch eher dem, wie ich arbeite. Ich verschicke eigentlich nie Beats und daher passiert gerade einfach weniger mit Rappern. Also vielleicht muss ich jetzt danach auch wieder mehr anfangen Rap-Tracks zu machen. Irgendwie gab es auf dem Album einfach keinen Platz für Rap. Ich hatte da eine Vision, die erst mal so passieren musste.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Kein Rap-Feature, dafür hast du für die neue Platte viel mit anderen Produzenten aus deinem Umfeld gearbeitet.

Ja, genau. Also es gibt nur ein Vocal-Feature auf der Platte. Ich finde, dass Produzenten auch als Feature auftauchen dürfen und habe mich da bewusst für entschieden.

Das Radioshow-Konzept der Platte ist ziemlich spannend. Ich verbinde ja mit Radio zum einen immer einen Mix an Songs und zum anderen auch einen gewissen Überraschungseffekt – positiv und negativ. Was war deine Idee oder Faszination dahinter? Das Konzept findet sich ja zum einen auf dem Album, aber auch bei den FRC Shows, deinem eigenen Radio Format auf Youtube & Soundcloud , zu dem gerade jede Woche Gäste eingeladen werden, die Musik spielen, die sie inspiriert.

Ja, auf jeden Fall. Ich brauchte natürlich eine Form für das Album. Ich wollte Tracks zusammenbringen, die man vielleicht sonst nicht konstant zusammenbringt. Ursprünglich komme ich eigentlich vom DJ-ing und ich lege gerne einen totalen Mix auf. Weil es mehr auf die Stimmung ankommt, auf coole Mukke und nicht auf Genregrenzen. Und im Radio ist das eigentlich auch so. Das hat als Form zum Album gepasst und dann gab es eben noch die Idee zum FRC Show Format. Gerade sind ja alle FRC Show-Mixe von Leuten, die auch auf dem Album vertreten sind. Das Album ist irgendwie der Kern und die Shows sind wie die Arme, die die verschiedenen Genres mit dazu holen.

Ich finde das ist ein cooles Konzept, auch die Idee daraus ein zusammenhängendes Album zu machen und eben kein Mixtape.

Voll. Es gibt ja auch keine Pausen auf der Platte. Und ich bin schon auch ein Album Hörer. Also Musikkonsum entwickelt sich, das ist auch okay, aber ich höre gern Alben und mag das total über ein Album in eine musikalische Welt einzutauchen. Und das habe ich mit „Fidelity Radio Club“ eben auch versucht.

 

Hört euch das Album an oder kauft direkt die LP, checkt die FRC Shows aus und folgt S.Fidelity auf Instagram, Facebook  und Youtube, um keinen Release mehr zu verpassen!

Fotocredit: Marius Knieling

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von bandcamp.com zu laden.

Inhalt laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.

Inhalt laden